Frank Eckardt

Was waren Ihre Träume und Hoffnungen in den achtziger Jahren? Wie sahen Sie die Gesellschaft der DDR zu dieser Zeit?

In der DDR bleiben, da ich den Westen als recht festgefügtes System sah und Veränderung eher im Osten erwartete (aber: ich war und bin kein Prophet). Die Gesellschaft konnte ich als Aussteiger aus einer inneren Außenperspektive betrachten. In deren Erstarrung gab es natürlich den Wunsch, die Hoffnung auf, aber eben auch die Aktivität zu Veränderungen, wenngleich fast immer und bis zum Frühjahr ’89 eher weniger auf direktem Wege.

Welche Reformbewegungen oder Gruppierungen gab es in den Jahren vor der Wende, von denen Sie gehört haben?

Die Umweltbibliotheken, die Initiativen für sozialen Friedensdienst, Umwelt- und Friedensgruppen, diverse kirchliche – oder besser Aktivitäten unter dem Schutzmantel kirchlicher Oppositioneller, illegale Ausstellungs- und Filmaktivitäten, im Sommer ’89 sprossen dann die bekannten Änderungsvereinigungen und dann Parteien wie Pilze aus der Erde.

Wie haben Sie diese selbst erlebt, und (wie) waren Sie selbst involviert?

Als Besucher von Treffen, als Aktiver in Chemnitz und Dresden, als Künstler.

In welcher Form hatte die Reformbewegung Einfluss auf Ihre Arbeit nach 1989, und wie beeinflusst diese Ihre Arbeit oder Engagement noch heute?

Ohne das Ende der DDR in der damaligen Form wäre meine künstlerische Arbeit bis heute sicher höchstens halblegal, wenn ich so lange hier durchgehalten hätte. Ein riesa efau gäbe es selbstverständlich nicht, ebenso wenig wie eine Motorenhalle. Insofern sind alle Formen meiner Arbeit und meines Engagements bis heute davon geprägt.

Welche Zusammenhänge sehen Sie zwischen den damaligen Aufbruchsbewegungen und den heutigen?

Es kommt darauf an, welche der Heutigen Sie meinen. Die AfD beispielsweise reklamiert für sich, die Wende vollenden zu wollen. Natürlich hat der Erfolg dieser ebenso rechtsradikalen wie geschichtsvergessenen Gruppierung mit DDR und Wende und Nachwendezeit zu tun: als Dystopie für die damals Aktiven, sofern sie nicht selbst dem rechten Wahn sich hingeben. In meiner Wahrnehmung sind das keine Reform- sondern antidemokratische Bewegungen. Natürlich stellen sie sich anders dar bzw. postulieren nicht ihre wahren Ziele.

Fridays for Future beispielsweise hat mit damaligen Aktivitäten das Thema Umweltschutz gemein, nur heute auf eine wesentlich umfassendere Weise. Ansonsten, jede Generation muss wohl ihre Reibungspunkte und Aktivierungsthemen selber finden, sofern sie nicht als eine apolitische gelten soll. Natürlich fußt FfF nicht direkt auf den damaligen Umweltbewegungen in unterschiedlichen Ländern, so auch der DDR. Aber ohne die Gesamtheit jener damaligen Bewegungen gäbe es die heutigen vielleicht nicht.

Warum finden Sie es wichtig, auch heute noch über die DDR zu reden?

Viele gegenwärtigen Probleme und problematischen Entwicklungen wurzeln in jener Zeit. Zudem wurde und wird Kunst, die im geografischen Raum der DDR wurzelt, im westlich geprägten deutschen Kunstbetrieb überwiegend marginalisiert (mit positiven Ausnahmen).

Many of our current problems and problematic developments have their roots in that time. Art, created in the territory of the former GDR, continues to be marginalized in the West German art industry. Luckily though, there are positive exceptions.

Frank Eckardt wurde 1959 in Dresden geboren. Er machte 1977 sein Abitur und begann danach sein Studium. 1979 erhielt er Studienverbot für alle Hochschulen und Universitäten der DDR. Nachdem das Verbot aufgehoben wurde, absolvierte Eckardt von 1982 bis 1985 ein Künstlerisches Abendstudium an der HfBK Dresden. Von 1979 bis 1986 arbeitete er als Ateliergehilfe, Friedhofsgärtner und Hauswirtschaftspfleger. Ab 1984 organisierte er unangemeldete Ausstellungen und Projekte. Ab 1986 war er dann freischaffend als Künstler tätig. 1990 gründete er mit anderen Mitstreiter*innen das Kulturforum riesa efau in Dresden, wo er später die Geschäftsführung und künstlerische Leitung übernahm. 1993 absolvierte er eine Residenz in Italien und von 1993 bis 1994 ein Meisterschülerstipendium an der Akademie der Künste Berlin-Brandenburg. Seit 2003 ist er Kurator des Projektzentrums Motorenhalle in Dresden, welches Projekte zur zeitgenössischen Kunst in Beziehung zur Gesellschaft zeigt. 2009/10 kuratierte er mit P. Kaiser die Ausstellung OHNE UNS! Zur Kunst und alternativen Kultur in Dresden vor und nach ’89. Von 2004 bis 2007 leitete er die ZukunftsWerk Stadt Dresden. Seit 2012 organisiert er Projekte zu Kunst in der DDR und Transformation.